Nachdem ich bereits 2013 diesen wunderschönen Radmarathon in England gefahren bin, wollte ich unbedingt 2017 nochmals dabei sein. Im Januar 2017 wurde die Anmeldung freigeschaltet und der Run auf die begehrten 1.500 Plätze begann. War das alles 2013 völlig problemlos – ich hatte sofort einen Platz - kam ich dieses Jahr überhaupt nicht rein: das Netz brach immer wieder zusammen. Die Plätze wurden in 3 Blöcken freigegeben – no chance; ich war ziemlich frustriert.
Da die Veranstalter die Frauenquote bei diesem Event erhöhen wollten (stand auf deren Internetseite), habe ich ein paar Tage später den Veranstalter angeschrieben, ob es nicht doch noch einen Platz für mich gibt. Und siehe da – ich bekam einen Platz
Irgendwann im Frühsommer mussten sich die Teilnehmer für eine Startzeit entscheiden. Es gab morgens von 6.00 Uhr bis 8.00 Uhr Startzeiten für die, die unter 100 Stunden bleiben wollten und ab 9.00 Uhr kamen dann die Fahrer, die die volle Zeit von 117 Stunden nutzen wollten. 2013 gab es das noch nicht – ich wählte eine Zeit um 9.30 Uhr, da die Kontingente davor schon voll waren. Die Plätze für die Startgruppen wurden anscheinend ausgelost – wenn man nicht in die Gruppe seiner gewählten Zeit kam, wurde man in die nächst freie Startgruppe gesetzt. Tja, auch hier hatte ich Pech – ich bekam eine Startzeit um 15.15 Uhr. Da ich zu dieser Zeit nicht gestartet wäre, habe ich den Veranstalter nochmals angeschrieben. Nach gefühlten 100 Mails und einem sicherlich völlig entnervten Engländer, bekam ich eine Startzeit um 8.00 Uhr morgens – hatte dann aber nur 100 Stunden Zeit, d.h. 17 Stunden weniger als normal. Aber gut, ich hatte 2013 gesamt 109 Stunden benötigt und war mir sicher, dass ich das schaffen kann.
Am Donnerstag, 27.07.2017 begann das Abenteuer!
Ich hatte mich entschlossen, selbst mit dem Auto von Karlsruhe nach London zu fahren, da ich dann mein Rennrad nicht „flugzeugfertig“ auseinanderbauen musste – das kann ich nämlich nicht.
Von Karlsruhe nach London sind es rund 800 km, die ich nicht am Stück fahren wollte. Mit einer Zwischenübernachtung in Leuven / Belgien ging es mit der Fähre dann freitags von Dünkirchen nach Dover und dann weiter nach London. Fähre, Linksverkehr – alles kein Problem!
Start und Ziel des Brevets ist ein Vorort von London: Loughton. Ich hatte das unsagbar. Glück 5 Minuten vom Start / Ziel eine Unterkunft bei einer super netten Engländerin gefunden zu haben. Kay hat meine Fahrt auch via Liveticker verfolgt und echt mitgefiebert. Sie hat mich super unterstützt und – auch wenn sie es nicht liest – ich möchte mich nochmals bei ihr bedanken. Ich hoffe sehr, dass ich 2021 wieder bei ihr übernachten kann.
Samstags war die Startnummerausgabe – bei der ich auch viele Fahrer getroffen habe, die ich von anderen Brevets kannte. Die Welt bei den Langstreckenfahrern ist doch sehr klein. Abends habe ich mich noch mit einigen Freunden zum Essen getroffen, was super lustig war.
Am Sonntag ging es dann um 8:00 Uhr los: 1.447 km und ca. 11.000 Höhenmeter lagen vor mir.
Es ging gleich wellig los, das Wetter war typisch englisch, aber trocken und der Wind kam von hinten. Mein Plan war, bis Pocklington (341 km) zu fahren und dort zu übernachten. Das klappte auch alles super – ich war bereits um 22.30 Uhr dort, weil ich an den anderen Kontrollen wenig Pausen gemacht haben. Die Nacht war schrecklich – in der Turnhalle war es kalt, hell, laut und unruhig – geschlafen habe ich leider nicht viel.
Morgens um 5.45 Uhr bin ich dann weiter - nächstes Ziel Edinburgh. Dann kam die schlechteste Strecke: die Straße nach Thirsk - viele Schlaglöcher und schlechter Teer. Es ging weiter hügelig dahin und ab Bernard Castle ging es bergauf - die Steigung war nicht sehr steil, aber der Wind drehte sich. Das letzte Stück von Brampton nach Moffat (Ankunft um 21.30 Uhr) ging dann flach an der Bundesstraße entlang. Ich hatte mich entschlossen in Moffat bei km 632 zu übernachten und erst am Dienstag bis Edinburgh weiterzufahren.
Am Dienstag um 5:12 Uhr startete ich in Richtung Edinburgh. Diese Teilstrecke sollte man unbedingt bei Tageslicht fahren, da es landschaftlich am schönsten ist. In Edinburgh angekommen war die Hälfte erreicht und es ging auch gleich wieder zurück. Der Wind kam jetzt von vorne – das sollte sich auch die nächsten Tage nicht mehr ändern.
Von Schottland ging es wieder nach England und bei Brampton über den Berg. Bei der Auffahrt zog langsam Nebel auf und es wurde dunkel. Es blieb aber trocken und ich fuhr mit einem Freund im Dunklen den Berg hinab. In Bernard Castle kam ich um 23:46 Uhr an und übernachtete dort und fuhr am nächsten Morgen um 5:19 Uhr weiter.
Der Mittwoch sollte der windigste Tag werden und wir kamen nur mühsam vorwärts. Auf der flachen Strecke fuhr ich in einer kleinen Gruppe und wir wechselten ständig die Führungsposition. Ziemlich abgeschlagen vom Wind kam ich dann um 0:32 Uhr in Spalding an. Nach der letzten Schlafpause in Spalding fuhr ich um 6:14 Uhr die letzten 200km nach London – immer noch mit Gegenwind.
London erreichte ich dann am Donnerstag um 17:18 Uhr – glücklich, aber leider auch „out-oftime“ weil ich anstatt der 100 Stunden dann doch 104:53 Stunden benötigt hatte. Aber: ich war trotz des starken Gegenwindes den wir rund 2,5 Tage hatten 4 Stunden schneller als im Jahr 2013 und habe 12 Stunden weniger als das Maximum von 117 Stunden gebraucht.
Freitags habe ich ausgeschlafen, mit Freunden noch das Erreichte gefeiert und mich auf 2021 gefreut: in 4 Jahren werde ich es noch mal probieren – LEL ist einfach genial!
Anmerkung der Redaktion:
Die aktive Fahrzeit war 3.775 Minuten. 4/5 davon wurden in unserem Trikot gefahren. So ergibt sich eine Wertungszeit für die Spendenberechnung von 3020 Minuten. Herzlichen Glückwunsch für diese Leistung!