L'Eroica wurde 1997 von Giancarlo Brocci ins Leben gerufen, der die Historie des alten Radsports so sehr bewunderte, dass er andere Rennradfahrende mit dem Erlebnis "alte Rädern auf alten Straßen" wieder in Verbindung bringen wollte.
Im kleinen malerischen Örtchen Gaiole im Weinanbaugebiet Chianti treffen sich jedes Jahr Anfang Oktober Tausende Fahrrad-Begeisterte aus der ganzen Welt, um gemeinsam durch sanfte Hügel, von Zypressen flankierte Wege der Toskana zu radeln. Auf Vintage-Rennrädern geht es auch über die „strade bianche“ – die alten weissen Schotterstraßen der Region.
Erstmals nach Corona fand in diesem Jahr die 25. Auflage des Events statt, der bereits weltweit Kultstatus hat.
In diesem Jahr wurden die angebotenen fünf Routen zum ersten Mal auf den Samstag und Sonntag aufgeteilt um der gewachsenen Anzahl von 9000 Teilnehmenden gerecht zu werden.
Am Samstag konnte die 135 km und 209 km Route und am Sonntag die 46 km, 81 km und 106 km Route befahren werden.
Dabei geht es nicht darum, schnell ans Ziel zu kommen, sondern die Landschaft trotz aller Anstrengung zu genießen. Belohnt wurden alle Teilnehmenden auf ihren Routen mit köstlichen regionalen Produkten an den verschiedenen Verpflegungsstellen. Dort gab es auch die obligatorischen Stempel für das Route-Book.
Ich war bereits mit meiner Frau am Wochenende zuvor angereist. So blieb die Woche genug Zeit auch die Region etwas genauer mit dem Auto zu erkunden und hier und dort das regionale toskanische Essen mit excelenten Weinen zu genießen.
Auch mir bekannte Eroici aus vergangenen Veranstaltungen (Valkenbourg und Eltville) aus der Schweiz, Niederlanden, Deutschland waren angereist. Ein gemeinsames Treffen war allerdings schwierig, da jeder zu anderen Zeitpunkten anreiste und auch teilweise weiter entfernt ein Bett gebucht hatte. So wurde viel über unsere private WhatsApp-Gruppe kommuniziert und Tipps ausgetauscht.
Ich hatte mich mit Jean-Claude aus Fribourg und Rob mit Tochter aus Gouda am Sonntag um 7:15 Uhr für die 106 km Runde verabredet. Rob musste dann aber leider absagen, da er aufgrund einer familiären Situation nach Hause fliegen musste.
Pünktlich um 7:15 Uhr verabschiedet uns Alex (siehe Foto oben), der eigentlich auch mitfahren wollte, aber aufgrund seiner frisch auskurierten Coronainfektion sicherheitshalber nur zuschaute.
So ging es mit vielen anderen Eroici, die sich für die 106 km entschieden hatten, gemeinsam auf der Landstraße in den Süden in Richtung Brolio zum fast 1000 Jahre alten Weingut Ricasoli.
Foto: Castello di Brolio, Weingut Ricasoli
Ab dem Castello di Brolio ging es dann so richtig ins Terrain der „weißen Straßen“. Hügel rauf, Hügel runter, Zypressen und Kastell-artige Anwesen am Horizont. Toskana wie aus dem Bilderbuch. Man wird verleitet, Foto-Pausen einzulegen – dagegen sprach der flüssige Tritt. Wir haben den Tritt trotzdem für einige Fotos unterbrochen.
Foto: Ausblick vom Castello di Brolio
Nach ca. 30 km ging es moderat zur Stempelkontrolle am Tor der Altstadt von Siena. Durch schmale Gassen war die Verpflegungsstation auf dem Piazza del Campo, wo auch eines der härtesten Pferderennen der Welt (Palio Di Siena) stattfindet, schnell erreicht. Neben Saftgetränken, Obst und Kuchen wurde leckeres Mandelgebäck der Fabbrica del Panforte angeboten.
Foto: Piazza del Campo, Siena
Nach ausgiebiger Verpflegungs- und Fotopause sind wir gut gestärkt auf die zweite Etappe gegangen.
Jetzt kamen auch Abfahrten und Anstiege mit bis zu 20 % steilen Feldwegen vor, die teilweise rumpelnd hinunter genommen wurden. Wer zu schnell fuhr, riskierte einen Sturz oder zumindest einen Platten. Hochschieben ist keine Schande, wenn man eine viel zu kleine Übersetzung hat, wie ich. Aber auch auf den schnellen asphaltierten Abfahrten musste höllisch auf Längsrillen und plötzlich haltende oder querende Mitfahrende aufgepasst werden.
Foto: Schieben ist keine Schande
Die zweite Verpflegungsstation kam eher zu spät kurz nach 90 km. Zum Glück gab es aber dazwischen noch zwei Wasserzapfstellen.
Foto: Wasserzapfen
Mit einem immensen Verpflegungsangebot wurden wir dann aber reichlich belohnt. Frische Spiegeleier mit Käse, Kuchen, Gebäck, Obst, Salami vom Schwein, Schinkenbrote und natürlich, wie sollte es anders sein, Rotwein.
Foto: 2. Verpflegung bei Castelnuovo Berardenga
Nocheinmal ging es rumpelnd mehrere Kilometer hinunter und wieder hinauf. Im Schlussteil wurde die Strecke endlich ebener und die letzen 8 Kilometer auf der Landstraße nach Gaiole beflügelten uns nochmals die Kette nach rechts zu legen.
Gemeinsam rollten Jean-Claude und ich unter dem Klatschen hunderter Schaulustiger am Straßenrand über die Ziellinie in Gaiole, zeigten unser Stempelheft und erhielten unsere Medallie.
Foto: Zurück in Gaiole
Alexander wollte, berufsbedingt, bei uns noch einen Dopingtest machen, hat sich dann aber doch entschieden, uns lieber zwei Bier zu bringen.
Und dann waren auf einmal alle alten Bekannten fürs Gruppenfoto da.
Ein Träumchen!
Foto von links: Santo und Monika (je 81 km), Alexander, Jörg (106 km), Tino (209 km), Frau von Alex, Jean-Claude (106 km) mit Frau.
Fahrzeit: 6:35 Minuten
Höhenzunahme: 1794 m