Schönes Rennmotto, pathetisch, aber doch etwas überzogen. Klar, die Radstrecke hatte einige historische Momente, gerade auch was den Streckenbelag angeht. Und Zukunft? Hoffentlich eine bessere als diese erste Ausgabe.
Und dabei hatte ich mir das alles so schön gedacht. Herbstferien, sonnig-warmer Familienurlaub, verbunden mit einem abschließenden 70.3 und vielleicht noch einen Slot für die 70.3-WM in Australien abgreifen. Zu viel gehofft? Genau, denn es sollte anders kommen.
Der erste Tag glänzte noch durch blendendes Wetter, aber dann sollte Regen kommen. In der Türkei, wirklich? Ja, wirklich und nicht nur Regen. Vorher noch ein kleiner Streckencheck, auch wenn die Veranstalter davon abrieten! Nicht wegen des Wetters sondern wegen der Strecke und den anderen Verkehrsteilnehmern. Und so falsch war das nicht. Kurz einen Triathleten mit einer Streckenkarte aufgelesen und los ging die Suche. Wo könnte die Strecke wohl sein? Irgendwann fanden wir einen Ausweg aus Belek, der richtig schien. Von weitem erste Baustellenschilder und Bagger. Auf der Strecke ein Kipplaster mit Teer, dahinter eine Walze und schwupps wurden die gröbsten Löcher zugemacht. Die neue Straße, nun die wurde bis zum Rennen nicht mehr fertig. Egal, den Streckenabschnitt kannten wir und weiter ging es. Kurze Zeit später erste Regentropfen, die sich in kürzester Zeit zu einem Wolkenbruch ausdehnten. Schnell umgedreht und beim erstbesten Bauern am Straßenrand untergestellt. Der Gute war uralt, sprach nur türkisch, hatte mit Sicherheit noch nie Triathleten mit so seltsamen Helmen und Rädern gesehen, war aber sehr gastfreudig. Hocker und ein Granatapfel waren schnell heraus gezaubert und irgendwann tauchte auch sein etwas Deutsch sprechender Sohn auf. Sie warteten sehr auf den Regen, seit drei Monaten hatte es keinen gegeben. Beeindruckend war aber, dass der Unterstand für den Kleinlaster direkt durch die fehlende Aussenwand ins Wohnzimmer überging. Nur wenige Kilometer von den Hotels mit all ihrem Überfluss entfernt das echte Leben mit all seinen Schwierigkeiten. Trotzdem, in der ersten gefühlten Regenlücke bedankten und verabschiedeten wir uns und zurück in den Überfluss. Dabei begleiteten uns Starkregen, Hagel, Gewitter und überflutete Straßen. Und so ging es die nächsten Tage weiter. Erst am Sonnabend beim Check-In war es weitgehend trocken. Organisatorisch war der sicher ausbaufähig, zwei Wechselzonen und man musste das Rad in die Eine und den Laufsack in die Andere bringen, nicht gerade praktisch. Dafür konnte man kommen und gehen wie man wollte, schien niemanden so richtig zu interessieren.
Der Rennmorgen begann ganz entspannt, es sollte trocken bleiben, die Uhr wurde in der Türkei nicht zurück gestellt, was sollte schief gehen? Genau, die fehlende Umstellung! Nicht nur mein Handy aktualisiert die Zeitzone allein beim Neustart automatisch. Und plötzlich kam Druck in den Morgen. In der Wechselzone rief ein großes Megafon an einer kleinen Frau – erst später wurde mir klar, dass es Paula Newby-Fraser (ja, genau die mit den acht Hawaii-Titeln) war – zum Start auf. Hektisch die Laufräder aufgepumpt, Wechselsack gefüllt, den Neo an und raus zum Start. Nach den Profis gingen die Agegrouper im RollingStart raus. Ich persönlich finde das gut, man sollte es dann aber auch gut machen. Also nicht einfach alle nacheinander wie Zucker durch den Trichter laufen lassen sondern wirklich immer zwei oder drei in Sekundenabständen kontrolliert raus schicken. Nun gut, war ja der erste Versuch. Raus ging es in die Wellen, die glücklicherweise nicht so stark wie in den Tagen zuvor waren. Sie reichten aber trotzdem, um in den Wellentälern die Bojen nicht sehen zu können und schon war ich falsch unterwegs. Nach ein paar Minuten wurde mir auch klar, dass es mit dem Neo ein Fehler war. Das Wasser war viel zu warm, das ging gar nicht! Kommt davon, wenn man mit dem Start zum ersten Mal das Wasser berührt. Nach zwei Dritteln der Strecke gab es eine kurze Landpartie, die machte mich richtig fertig. Völlig überhitzt von der Waage- in die Senkrechte, der Sprung zurück ins Meer war eine wahre Wohltat. Trotz allem, so schnell war ich noch nie. Bestimmt war die Strecke kürzer...
Zum Rad mag ich an sich gar nichts schreiben. Das war nur furchtbar und das in mehrerlei Hinsicht. Ich selbst hatte überhaupt keine Kraft und keinen richtigen Druck. Das ging nur über den Willen, aber der war auch bald gebrochen. Herrje, zwar hatten sie den ersten Teil (ihr erinnert euch, den mit dem geflickten Belag) gegen eine Alternativroute umgetauscht, aber insgesamt war die Strecke sowas von lausig. Grober Asphalt war noch das Beste, es gab enge verschmutzte Brücken, lose Kiesabschnitte, Wasserfurten, längere Pflasterphasen und dann auch wieder an einer nicht erwarteten Stelle eine nagelneue Straße! Schön war aber immer wieder, dass in fast jedem kleinen Dorf Einheimische an der Straße standen und vor allem die Kinder das Treiben fröhlich verfolgten! Einzig kurz vor der Wende gab es keine Dörfer mehr, denn ein verhältnismäßig langer Anstieg mit ein paar Rampen davor und danach zog das Feld weiter auseinander, führte aber auch neue Gruppen zueinander.
Im letzten Streckenabschnitt hatte ich eine Gruppe im Schlepptau, in der die Jungs original wie an der Perlenschnur gezogen und Rad an Rad hinter mir herfuhren. Kurz aufgerichtet, den ganzen Tross fast umgeworfen und übelst beschimpft, aber nur ein oder zwei schienen ein schlechtes Gewissen zu haben. Sie reihten sich wieder ein und fuhren dann als Tross weiter. Zu befürchten hatten sie auch nichts, Race-Marshalls habe ich nicht einmal gesehen. Dennoch, das ist nicht der Geist des Triathlons und mit dem Letzten was drin war bin ich wieder an denen vorbei, nicht ohne nochmal ein paar Schimpftiraden raus zu lassen. Bis zur T2 haben sie mich auch nicht mehr gekriegt, leider hatte ich damit auch mein letztes Pulver verschossen. Aber das war für’s Prinzip. Rein in die Laufschuhe und rauf auf die recht eintönige Laufstrecke. Überraschend ging es ganz anständig und ich lief, wenn auch nicht so schnell wie ich es an sich von mir selbst erwarte. Nach der ersten Runde Paula Newby-Fraser – mittlerweile wusste ich wer sie ist - abgeklatscht und dann war es auch schon fast geschafft. Am Ende bin ich mit dem Rennen ganz zufrieden, auch wenn es mit dem Slot doch nicht geklappt hat. Was bleibt ist insbesondere die Gastfreundschaft des alten Türken und die fröhlichen Gesichter der Kinder im Landesinneren an der Radstrecke. Aber bevor ich das Rennen nochmal mache, muss schon noch einiges bewegt werden.